Mittwoch, 18. Dezember 2019

Jahrelange Qual. Seelenschmerz. Rückblick. Triggerwarnung.

Es war lediglich eine Instagram-Story. Eine Story einer Bloggerin, die unbeabsichtigt alte Wunden wieder aufreisst. Wovon ich spreche. Mobbing. Jahrelang unterdrückt zu werden. Bespuckt. Mit Stiften beworfen, den Schultisch beschmiert. Flugblätter im Heimatdorf aufgehangen, mit Bildern von einem Lehrer (in den ich - lt. den Mobbern verknallt war) mit meinem Namen. Dinge weggenommen. In Ecken gedrängt. Geschlagen. All das waren nur die physischen Dinge, die man mir angetan hat. Schlimmer, als alles andere, war der psychische Schmerz. Der Schmerz den ich noch heute fühle. Der mich noch heute zutiefst berührt, wenn ich auch nur an die Namen, der Mobber denke. - Ausgelacht zu werden, für die Kleidung gehänselt, unterdrückt und bedroht zu werden. Viele Dinge konnte ich niemals meinen Eltern erzählen. Mein Vater, zu der Zeit schwerer Alkoholiker, wäre ausgeflippt. Hätte mir die Schuld dafür gegeben gemobbt zu werden. Meine Mama, stand hinter mir. So viel sie konnte, angesichts ihres Jobs und der Selbständigkeit meines Vaters, den sie bis heute noch darin unterstützt.
Minderwertigkeit beschreibt das Gefühl recht gut. Einsamkeit, allein sein. Wenn nicht mal mehr die Freundinnen zu dir halten, von denen du dachtest du hättest sie. Nichts. Allein sein.
Irgendwann, zum Höhepunkt des ganzen, setzte sich meine Mutter bei meiner Lehrerin für mich ein, die dann endlich zu Handeln begann und allen Beteiligten einen Verweis gab, und ihre Zulassung für die Mittlere Reife stark zu wackeln begann.
Innerlich habe ich mir zutiefst gewunschen, dass sie diese nicht bekommen würden. Dann wäre die schlimme Zeit endlich vorbei, endlich wäre ich frei. Doch dieser Wunsch ging leider nicht in Erfüllung. Und so saßen sie auch die nachfolgenden vier Schuljahre noch in meiner Klasse.
Das Mobbing hörte nie so ganz auf, immer und immer wieder fanden sie Wege mir das Leben zur Hölle zu machen. Irgendwann, sprach ich nicht mehr. Nicht mehr in der Schule, nicht mehr zu Hause. Je Leiser ich wurde, desto Lauter war es in mir. Ich wollte doch nur von einem Menschen gefragt werden, gefragt werden was los sei. Doch nichts. Keiner interessierte sich für mich. Niemand. Welche der Situationen nun schlimmer war, weiß ich im nachhinein nicht, denn, auch zu Hause lief es alles andere als gut. Mein Vater trank mehr denn je, jeden Abend fuhr ich mit meiner Mutter, oder ging auch alleine los um ihn aus verschiedensten Kneipen im gesamten Landkreis abzuholen. Die Bedienungen dort, kannten auch mich bereits. Jahrelang, holten wir ihn ab. Mit jeder Sekunde in den Kneipen hoffte ich auf Hilfe. Auf ein Ende. Das Ende der Qualen. Ich wünschte mir so sehr, das nur eine. Nur eine einzige Bedienung, ein einziger Gast oder sonst etwas die Augen nicht verschlossen hätte. Gefragt hätte, ob alles in Ordnung ist. Stattdessen, stille. Er griff meiner Mutter in's Steuer, schrie schon im Auto so laut, riss unter der Fahrt die Tür auf und versuchte noch viel mehr Dinge, die auch mir im nachhinein nicht erklärbar sind. - Jeder weiß, wie es ist, einen betrunkenen vor sich stehen zu haben, der die Kontrolle über sich verloren hat. Derjenige eine Ohrfeige austeilen will. Der das Kind erwischt. Der es an die Wand schubst. Der Plastikschüsseln in den Ofen stellt und diesen einschaltet. Das Haus halb abbrennt. Leerer und leerer wurde es in mir.  Für jeden Außenstehenden wäre das die Hölle. Für mich, war es Realität. Immer- und immer wieder schlief ich unter meinem Bett, hatte Nachts panische Angst, das er auf einmal vor mir steht. Hatte Angst. Angst sterben zu müssen. Angst vergewaltigt zu werden. Angst, das er Dinge tut, die er vielleicht nur durch den Alkohol tat. Oder auch nicht. Woher diese Angst schon im jüngsten Alter heraus kam, ich weiß es bis heute nicht. - Bis heute habe ich das Bild in meinem Kopf, von einer Person die mit einem langen spitzen Messer in mein Kinderzimmer stürmt, und wie wild auf mich versucht einzustechen. Erst mit dem Auszug von zu Hause erlosch diese Angst.
- Irgendwann, mit 13 oder 14 Jahren, laß ich in einer Jugendzeitschrift von einem Mädchen, welches sich ritzte. Sich ritzte um dem Druck zu entkommen, dem ihr von anderen oder sich selbst aufersetzt wurde. Es war der Geburtstag meiner Mama, mein Vater stellte mich vor den Geburtstagsgästen bloß, er schrie mich an. Ich war so verletzt. Zutiefst gekränkt, rannte in mein Zimmer und verschloss die Tür. Und dann, lag da diese Nähnadel. Ich weiß nicht mehr, warum die da lag. Doch ich ritzte damit einfach Striche in meinen Unterarm. Und ich war erleichtert, der Ganze Druck, floss von mir ab. Ich fühlte mich erleichtert, fast schon euphorisch. An diesem Abend, schlief ich mit einem grinsen ein. Irgendwann, stahl ich von meiner Mutter das neue Küchenmesser, und schnitt mir damit in den Unterarm. Tiefer und Tiefer wurden die Wunden. Es folgte eine sehr düstere Zeit. Ich befand mich in einer Abwärtsspirale. Nachts trieb ich Sport, stundenlang machte ich vor meinem Bett Sit-Ups, erbrach Mahlzeiten oder schnitt mir die Unterarme auf. Als das Fehlen des Küchenmessers von meiner Mutter bemerkt wurde, bestellte ich kurzerhand beim schnellsten Online-Versandhandel Rasierklingen und Verbandsmaterial. Viel zu oft triggerte ich mich in dieser Zeit durch Bilder von Schnittwunden, oder Magersüchtigen Frauen aus dem Internet. Ich schändete meinen Körper, versuchte ihm Hämatome zuzufügen und schnitt tiefer denn je, rückblickend weiß ich nicht mehr, an welchem Punkt ich gehört werden wollte. Doch zu dieser Zeit, wär ich längst darüber hinaus.
Zwischenzeitlich machte ich mit Ach- und Krach meinen Mittlere- Reife- Abschluss, bekam eine Lehrstelle im Büro und es änderte sich rein gar nichts.
Aufgrund jahrelanger Kniebeschwerden wurde ich kurz nach Ausbildungsbeginn mehrmals operiert. Bei der ersten Operation sprach mich eine Krankenschwester im OP auf die Narben an, fragte mich, was mir da passiert sei. Ich ignorierte die Frage. Wollte nicht in dieser Situation darüber sprechen, und suchte eine Ausrede. Sie nahm mich in den Arm und gab mir das erste mal seit langer Zeit wieder das Gefühl geborgen zu sein, richtig zu sein und gehört zu werden. - Auch heute kann ich mich noch an sie erinnern. Irgendwann führte meine Selbstschädigung soweit, das ich mir Fremdkörper in mein Knie steckte. Warum, kann ich im Nachhinein nicht mehr sagen. Auch an die Tat selbst, kann ich mich bis Heute nicht mehr erinnern. - Dies wurde bei einem Orthopädischen Termin in einem Krankenhaus festgestellt, der Arzt riss meinen Ärmel hoch, sah zudem meine Wunden und rief sofort in einem Bezirkskrankenhaus an, ich musste mit der Diensthabenden Ärztin sprechen - woraufhin ich in eine geschlossene Abteilung eines Krankenhauses verwiesen wurde.
Und wiedereinmal stellte ich mir die Frage, warum hat nicht einfach mal jemand gefragt.
Doch dies, war nur ein weiterer Teil meiner Geschichte, .. but i survived!

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